Da die letzten Beiträge so schon lang genug waren, habe ich die eher allgemeineren Sachen ein bisschen rausgenommen. Aber die Frage ist ja trotzdem: was ist anders hier als bei uns? Was macht „typisch Neuseeländisch“ aus? Was ist mir so aufgefallen in den Tagen bisher, ohne dass das jetzt eine große Geschichte wäre?
Als erstes muss ich da ja nochmal den Kaffee nennen. Hier gibt es überall, an jeder Ecke, in jedem kleinen Imbiss Kaffeemaschinen wie bei uns nur in irgendwelchen teuren Kaffeebars. So geniale italienische Riesenmaschinen, 1-2m breit. Und entsprechend kommt der Kaffee raus. Mein Liebling ist der Flat White, eine Art Cappucchino mit weniger Milch(Schaum), der in der Regel für 4-4,5 NZ$ zu haben ist. Den gönne ich mir aber nur alle paar Tage mal. Zu teuer…
Allgemein ist das Essen hier immernoch sehr gut. Teuer, ja, aber andererseits ist es das bei uns auch. Es ist hier halt nicht möglich, jeden Tag irgendwo was essen/trinken zu gehen, ok. Aber das kann ich mir in Deutschland auch nicht leisten… Und wenn man dann weiß, wo und wie, sind die Preise auch in Ordnung, zumal für das, was man bekommt. Die Straßenhäuschen zB liegen meist deutlich unter den Supermarktpreisen. Heute wollte ich meine ersten Fish’n’Chips essen. Erste Bar, die ich mir angeschaut habe: 32NZ$. Dann zu was anderem, einem Take-Away, in dem man aber auch schön mit Blick aufs Meer sitzen konnte: 10NZ$! Aber mit Fisch direkt vom Fischer, mit der Leine geangelt und deshalb auch immer ein anderer Fisch. Was halt grad rauskam… Mein Ding!
Als ich in Auckland etwas verloren mit meinem großen Rucksack umherlief und wegen den Hostels frustriert war, sprach mich an der Ampel eine Frau an, dass es doch zu heiß sei mit dem großen Rucksack und ob ich noch weit müsste. Nach meiner Erklärung, dass ich das nicht wüsste, weil ich erst ein Histel suchen müsste mit Platz, hat sie ihr Handy gezückt und gefragt, ob ich Nummern hätte, sie könne gern für mich in den Hostels anrufen und fragen, damit ich nicht umherirren muss. Wie nett! Ich meine, mal ehrlich, wer von uns würde das machen?! Ich nicht und ich zähle mich eigentlich eher zu den netten & hilfsbereiten Personen in D… Diese Szene finde ich das typisch für Neuseeland. Die Leute sind einfach … netter. Als ich dachte, ich hätte meine Handgelenksbandage auf den Campingplatz liegen lassen, habe ich den Tag darauf angerufen und gefragt, ob was gefunden worden ist. War es bis dahin noch nicht, aber der Mann versprach, mit den Putzfrauen zu sprechen (ich dachte, ich hab sie im Waschraum gelassen) und sie mir zu schicken, wenn er was findet, an welche Adresse denn? Und als ich sagte, ich hätte keine, würde aber in einer Woche circa nochmal durch den Ort, durchfahren, hat er gesagt, prima, dann rufe ich dich an, wenn wir was finden. In der Zischenzeit hab ich die Bandage bei mir wiedergefunden 😀, aber trotzdem zeigt auch das die Hilfsbereitschaft. Als ich wandern gehen wollte im Kauriwald und gerade mit mir gerungen habe, umzudrehen oder nicht, hielt ein vorbeifahrendes Auto an um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Das gleiche ist mir noch zwei Mal passiert, als ich in einer Haltbucht stand um entweder auf der Karte nach dem Weg zu schauen oder die Musik zu ändern. Wenn man in einem Laden nach dem Weg frägt, bekommt man ihn nicht einfach gesagt, nein, die angesprochene Person kommt zum Erklären mindestens mit auf die Straße, wenn sie einen nicht gar ganz bis dorthin, wo man hinwill bringt.
Die Frauen tragen viel mehr Röcke. Jede, wirklich so 80-90% der Frauen tragen bei der Arbeit Röcke (wenn sie nicht gerade als Bedienung jobben). Auf der Bank, in der Post, die Mädchen in ihren Schuluniformen, auf der Straße zur Mittagspausenzeit: Röcke! Nicht wie in den südamerikanischen Städten hochhackige Schuhe und Lippenstift, nein, hier sind es Röcke. Was denken wohl andere Leute, wenn sie zur Mittagspausenzeit die Menschen auf deutschen Straßen sehen?
Im Flieger hieß es in einem Filmchen über das Fahren in Neuseeland: „die meisten Highways Neuseelands sind asphaltiert“. Genau. Nicht gut ausgebaut, gar gerade oder mehrspurig, nein, asphaltiert. Und damit hab ich des Öfteren Durchschnittsgeschwindigkeiten von 40-50km/h – auf Highways. Schotterstraßen fahren lässt sich überhaupt nicht vermeiden, gern auch mal über 10,20 km. Aber wenn 80km Strand offiziell Bestandteil des Highwaysystems sind, was kann man erwarten?! 😉
Alles ist hier „Kiwi“: die Neuseeländer sind Kiwis, man bezahlt in Kiwidollar, das Klopapier ist Kiwiweich und der Supermarkt ist übrigens auch 100% in Kiwi-Besitz. Es werden unheimliche Anstrengungen unternommen, den Kiwi wieder weiter zu verbreiten. Ganze Landstricke verbieten Hunde (und zwar überall, sogar IM Auto), eingezäunte Schutzzonen sind eingerichtet, nachts gehen Ranger auf die Jagd nach Kiwijägern und erschießen die (und erschrecken schreibende Nicoles, indem sie in der Dunkelheit an die Vantür klopfen um das zu sagen, damit man sich keine Sorgen macht wegen den Schüssen).
Ob man Maori-stämmige Leute sieht, ist wahnsinnig ortsabhängig. Oben, in Kaitaia zB gab es richtig viele, in den Supermärkten waren es wahrscheinlich sogar mehr als „westliche Einwanderer“. Dann gibt es wieder Orte, in denen man kaum „Ureinwohner“ sieht. Sehr unterschiedlich. Ob die Gleichberechtigung hier funktioniert hat? Ich bin mir nicht wirklich sicher. Auf dem Papier bestimmt, aber ich habe den Eindruck, dass die jeweiligen .Völker. Doch relativ stark getrennt sind und sich tatsächlich auch sehr unterschiedlich benehmen. Außerdem sieht man in den Dienstleistungsberufen mehr Westler, in den handwerklichen mehr Maoris, so zumindest mein bisheriger, subjektiver Eindruck. Aber die Maoris scheinen ihren eigenen Motorradclub zu haben, auf jeden Fall saßen da vor einer Art Clubhaus sicherlich 50-60 furchteinflößende Burschen mit ihren Harleys. Die müssen hier übrigens deutlich günstiger zu haben sein, Harleys machen bestimmt 50% der Maschinen auf den Straßen aus.
Hier wird ja gerade über eine neue Flagge abgestimmt, die Abstimmung läuft noch bis zum 24. März. Allgemein habe ich den Eindruck, dass das relativ wenig Thema ist. Man sieht zwar immer mal wieder Werbung an einem Bushäuschen oder einen Flyer rumliegen ( in dem dann die beiden Varianten in allen wichtigen Einsatzzwecken gezeigt werden, zB als Aufnäher auf dem Rucksack oder als Wangentattoo 😂), aber im Radio oder sonst bekommt man relativ wenig bis nix davon mit. Die allermeisten Flaggen, die man hängen sieht, sind die alten. Ich habe auf meinem Weg bisher vielleicht so 10 neue gesehen. Also ich mag die neue ja und finde das spannend, aber die Neuseeländer, mit denen ich bisher gesprochen habe, waren alle gegen eine Änderung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Entscheidung pro neue Flagge fällt. Ich bin jedenfalls gespannt!
Eine neue Besonderheit, die mir vor 2 Jahren so noch nicht aufgefallen war und die laut Horst (!), meinem brasilianisch-deutschen Bankangestellten, erst in den letzten 1-2 Jahren so überhand genommen hat, sind Bewertungssysteme. Egal wo man hinkommt, von Bank über Handyshop zu Touriinfo und Supermarkt, überall wird man gebeten, eine Bewertung abzugeben, oft gekoppelt mit Gewinnspielen. Horst hat gesagt, dass von dieser Bewertung von den Kunden über ihn dann im Endeffekt auch seine Bewertung in der Bank abhängt – also wohl Kohle. Ich finde das ein bisschen befremdlich.
Und nachdem ich wieder bei jedem Wein- oder Bierkauf nach meinem Ausweis gefragt wurde, hab ich jetzt dieses Rätsel unseres ersten NZ-Aufenthalts gelöst. Man darf zwar ab 18 trinken, aber wenn man 25 und jünger ist, muss man entweder einen Reisepass oder einen NZ-Führerschein vorzeigen. damit umgehen Sie, dass man quasi älter aussieht und sich durchschleicht. Bei den größeren Supermärkten muss ein zweiter Kassierer mit einem speziellen Freigabeschlüssel kommen, sonst ist die Kasse gesperrt. Also halten mich die Kassierer für ungefähr 25 und ich freue mich und zeige fleißig meinen Reisepass. 😄
Liebe Nicole,
vielen Dank für deinen Bericht! Ich find die neue Flagge bzw. den Änderungsvorschlag auch viel besser als die alte. Ist doch super mit dem Farn und ohne den Union Jack. Ist auch gleich der Flagge Australiens viel weniger ähnlich…und das müsste doch den Kiwis gefallen…naja, warten wir’s ab.
Das mit den Maoris und deren Integration klingt etwas nach Hawaii: alles in allem bleiben die „Eingeborenen“ für sich. Und das mit der Freundlichkeit kann ich mir gut vorstellen, ich stell mir das so vor wie in den USA. Alles ein bisschen lockerer und netter im Umgang.