Seit einigen Tagen habe ich Maketu wieder den Rücken gekehrt und mich Richtung East Cape aufgemacht. Ich habe zwar nochmal anderthalb Tage gepickt nach meinem letzten Eintrag (sogar mit nightpicking bis um 20h mit umgehängten LED-Lampen, damit man die Kiwis noch findet…), aber dann war es wieder nass und überhaupt, ich hatte genug von Maketu, rumsitzen, Kakerlaken und Ameisen. Zuvor habe ich noch einen Käsekuchen gebacken, aber leider habe ich das versemmelt und das kostbare Vanillepuddingpulver verschwendet. Man konnte ihn essen, aber so richtig gut war er nicht. Zu allem Überfluss habe ich die Hälfte des Kuchens bei meiner Abreise im Kühlschrank vergessen… (Karen, ein deutsches Mädel, das dort seit einigen Monaten lebt & arbeitet, hat sich seiner dann angenommen) Da weiß ich zumindest, was es außer dem ‚alte-Wutz‘-Grillen in meiner ersten Woche zuhause geben wird!
Es fühlt sich gut an, wieder unterwegs zu sein, an schönen Stellen einfach zu halten und einen Kaffee zu trinken und wieder ein bisschen mehr vom Land zu sehen. Das Wetter ist durchwachsen, von Weltuntergangsschauer zu wolkenlosem Himmel ist es hier manchmal nur eine halbe Stunde… Aber die nächsten paar Tage sollen etwas stabiler schön werden, da nehme ich die kälteren, weil klaren, Nächte gerne in Kauf.
Nach Osten hatte es mich gezogen, weil ich das East Cape hier bisher komplett ausgespart habe. Die knapp 350km sind mit 6,5h Fahrzeit angegeben, da man das ganze auch abkürzen kann, bin ich bisher nie ‚oben rum‘, das wollte ich jetzt nachholen. Die Ankündigung eines Prospekts ’sie fahren zum East Cape? Herzlichen Glückwunsch! Sie sind jetzt offiziell weitab von ausgetretenen Pfaden‘ hat sich auch tatsächlich bewahrheitet. Wenig, wenig Autos, noch weniger Touristen, überhaupt ziemlich wenig Orte und wenn, mini. So schön das an einem verlassenen Strand ist, so schwierig wirds dann mit Unterkünften. Die erste Nacht habe ich mich von einem Backpackerhostel ausbeuten lassen 😉, Preis-Leistung war jetzt nur so Mittel – aber da keine Alternativen weit und breit, was sollte ich machen… Ein bisschen hat mich entschädigt, als ich beobachten konnte, wie der Besitzer (selbst Maori) Besuch von seinen Maori-Freunden bekam. Nach dem großen Anfangsgetöse, ‚Yo Bro‘ und so, haben sie sich einen hongi gegeben (gemacht?). Den Maori-Gruß, bei dem Stirn und Nase aneinandergelegt werden und beide ‚hörbar ausatmen‘, dabei gibt man sich die rechte Hand und fasst mit der linken an den Arm vom Gegenüber. Bisher kannte ich das nur aus Werbebroschüren, das so im echten Leben zu sehen, war ziemlich cool… Überhaupt ist der Maori-Anteil am East Cape sehr groß, den Pakeha deutlich überlegen. Da sieht man dann im Supermarkt schon mal Leute mit einem moko, der traditionellen Gesichtstätowierung der Maori. Sehr faszinierend. Passend zum Besuch des Leuchtturms am Ostzipfel (knapp 800 Stufen da hinauf…ächz) kam die Sonne raus – sehr schön!
Eigentlich wollte ich noch eine zweite Nacht auf dem Cape verbringen, aber da die einzigen beiden Campingplätze unterwegs geschlossen waren, bin ich doch durchgefahren nach Gisborne, wo ich nun schon die zweite Nacht verbringe.
Es ist schwierig in Worte zu fassen, was ich hier so toll finde, aber ich glaube, dass ist grad meine Lieblingsstadt in NZ. Es ist für mich eine unheimlich aktive, lebendige Stadt, man spürt und sieht, dass da gelebt wird. Es gibt ganz viele kreative kleine Lädelchen. Die Aufteilung Maori-Pakeha ist laut meinem Reiseführer ca. 50-50, was sich mit meinem Eindruck vor Ort deckt. Eine Zweiklassengesellschaft ist für mich jetzt nicht so ausgeprägt wie anderswo – hier sieht man Maori auch mal in Dienstleistungsberufen. Heute war ich in einer Hochschule für Maori-Kunst, da konnte ich eine Ausstellung anschauen und den Studenten bei der Arbeit zuschauen. Ich bin nun nicht so der Museums- und Galerietyp, aber das war wirklich arg toll. Und heute Abend findet zufällig ein ‚Street Food Festival‘ statt, bei dem ich selbstverständlich auch war (und natürlich konnte ich beim Pulled Pork Burger für 5$ nicht widerstehen…). Und morgen werde ich den Samstag mit einem Besuch beim Famer’s Market starten, mir was Günstiges zum Essen und einen Kaffee kaufen und die Andersartigkeit des Marktes hier genießen: das Einkaufen ist hier nur ein Teil des Marktes, gleichzeitig ist das Treffpunkt der Gemeinde, Ausflugsziel, Konzert (es gibt eigentlich immer einheimische Musiker, die auftreten und es darf auch gerne getanzt werden)… Das Wetter soll schön sein und ich freu mich drauf.
Das alles sind ja nun keine Erklärungen, warum ich mich hier wohler fühle als anderswo. Ich kann es vermutlich nicht beschreiben, so ists halt, auch wenn für viele ‚Gizzy‘ wahrscheinlich eine neuseeländische Stadt wie 1000 andere ist…
Das in meinem letzten Bericht oder bei den Bildern geschriebene ‚first to see the sun‘ hatte ich übrigens nur halb richtig interpretiert. Sicherlich ist Gisborne die erste neuseeländische Stadt, die die Sonne morgens zu Gesicht bekommt – aber durch die Datumsgrenze eben auch die erste Stadt der Welt…
Ich versuche neben diesen Reiseaktivitäten, hier in der Gegend einen Platz zum wwoofen zu finden. Das heißt, ich biete meine Arbeitskraft für 4-6h je Tag im Austausch gegen Unterkunft und Essen. Lange, lange, habe ich mich dagegen gesträubt, vielleicht habe ich zu lange in meinem Leben gegen Bezahlung gearbeitet, irgendwie finde ich den Deal nur so Mittel und meine Arbeitskraft zu kostbar für ein bisschen mitessen. Aber nun ja, immerhin würde ich dann Geld sparen und vielleicht muss ich es so sehen, dass ich ein Teil der Arbeit für Kost & Logis arbeite und einen Teil für die Erfahrung, auf einem Bauernhof zB mitarbeiten zu dürfen… Nicht falsch verstehen, ich freue mich auf die Arbeit dort, ich finde nur, man müsste für jede Arbeit anständig bezahlt werden. Ich habe mich online gegen eine Gebühr angemeldet und habe jetzt die Möglichkeit, auf Adressen und Beschreibungen der Höfe zuzugreifen. Dann kann ich mich da ‚bewerben‘, was ich fleißig mache. Bisher leider ohne Erfolg, ich beschränke momentan noch auf das Gebiet Gisborne und East Cape. Ich hoffe, da findet sich bis morgen Abend was, ansonsten muss ich das doch nochmal überlegen und das Gebiet ausdehnen. Das wwoofen (das steht übrigens für World-Wide Opportunities On Organic Farms (aber die Mitgliedschaft gilt nur in NZ und nicht jede Farm ist Bio…)) möchte ich an ein oder zwei Stellen bis zum 14.07. machen, am 15.07. muss ich dann nochmal in Tauranga sein und dann ist es Zeit, nach AKL zu fahren und versuchen, Willi an den Mann zu bringen. Denn am 24.07. geht jetzt mein Flieger nach Singapur, ich habe in den faulen Tagen in Maketu meine Heimkehr fix gemacht. Von dort dann direkt mit 3h Aufenthalt weiter nach Sulawesi (ich hoffe, das klappt…), wo ich zuerst tauchen werde und wenn das Geld fast alle ist, noch ein bisschen billiger reisen. Nach D komme ich dann am 14.08., passend zur Hochzeit von Stefan und Anika. So ist der Plan. 😄
Es grüßt euch,
die Nicole
Juhuuuuu! 14.8.!
So, das war nun mein spontaner, egoistischer Impuls =)
Und hab Dank für deine ausführlichen Erklärungen, wie du zu der Entscheidung gekommen bist, das kann ich gut nachvollziehen so und freue mich schon sooo soooo sehr, das alles und noch viel mehr mit dir bei einer oder zwei Shishas auf deinem oder meinem Balkon zu bequatschen =)
Umarmung – und eine gute gute Zeit dir noch in NZ!!!!
Toll, dass du nochmal so schöne Eindrücke von NZ mitnehmen kannst. Ich hoffe dass du auch wenn du wieder arbeitest die Freizeit nicht zu kurz kommt.
Übrigens 800 Stufen nur auf den Turm? Wie hoch war der denn?
Machs gut und pass auf dich auf!
LG Mama
Ahh, das hab ich wohl falsch geschrieben – die 800 Stufen gingen den Berg hoch, auf dem der Turm steht…
Also egal wo, ich finde 800 Stufen viel – in Sizilien sind wir zu einer tollen Schlucht über Stufen runter gestiegen – und dann wieder hoch – da habe ich auch mitgezählt und fand 250 schon viel… ;P
Und in der Schlucht hatte ich meine Kamera einmal tief ins Wasser getaucht, urgs…einen Tag später tat sie dann wieder =)
Hey Nicole,
…unglaublich dass du schon wieder deine Heimreise planst! Du gehst bestimmt mit einem lachenden (Tobi) und einem weinenden Auge (Land + Leute) – aber was du erlebt hast nimmt dir keiner mehr! …aber bis es soweit ist freue ich mich noch auf ein paar Eindrücke, Bilder und kreative Zeilen…
LG Irene