wwoofen

Seit Samstag bin ich nun hier in der Pampas bei meinem wwoof-Gastgeber.
Ca. 25km außerhalb von Gisborne, irgendwo im Nirgendwo ohne Handynetz.


Zuerst hatte ich aber noch einen grandiosen Samstag morgen auf dem Farmers Market in Hisborne. Herrlichstes Wetter, in meinem neu erstandenen Jeansrock (yeahyeahyeah) mit Kaffee und Livemusik habe ich sicher gute 2h auf dem Markt verbracht. Mein Gastgeber, Richard, hat mir zuvor gesagt, ich könne einkaufen, was ich will und er gibt mir dann das Geld. Viel gekauft habe ich aber nicht, ich tat mich schwer damit, ohne zu wissen, was er schon hat. Auch im Pak’n’Save Save habe ich auf dem Weg noch einen kleinen Stopp gemacht und Dinge wie Reis, Milch usw. mitgebracht. Hingefahren zu der Stelle bin ich dann mit ziemlich gemischten Gefühlen. Ich wusste, dass es da weder Tiere noch eine Familie gab, so war ich mir nicht ganz sicher, wie das so werden würde mit dem ganz allein. Aber da alle anderen Angebote viiiieeel zu weit weg waren und ich in der Gegend nur Absagen bekommen habe, wollte ich es eben ausprobieren. Die Absprachen waren mit Richard schon eher schwierig, ein Freund der klaren Worte und Ansagen ist er nicht gerade. Wie war ich glücklich mit Paula auf der Lodge! Wieder einmal stelle ich fest, dass ich mit jemandem, der klare Ansagen macht, deutlich besser zurecht komme, wie mit jemandem, der nur drumrum redet und man die Hälfte raten muss…
Als ich gegen 2 am beschriebenen Haus ankam, dachte ich: nein, dass muss falsch sein, das Haus ist gar nicht bewohnt! Äh, doch. Sieht nur nicht so aus und zwar weder außen noch innen… Richard kam und sagte kurz hallo, musste aber dann direkt in eine Skype-Telefonkonferenz. Er ist nämlich Wissenschaftler, abgehobenes Zeug mit Glasfasersachen, der NASA und Handprothesen, und hat eine Festanstellung im Silicon Valley.
Offensichtlich ist Geld da. Aber an allem anderen hapert es gewaltig, allem voran an sozialen Fähigkeiten. Ein ganz, ganz schlimmer Nerd! Das Haus sieht wie gesagt unbewohnt aus, als würde es seit Jahren leerstehen. Überall eine dicke Staubschicht, vergilbte, verrissene Gardinen, halbzerfallene Möbel und eiskalt. Ich bin mir sicher, hier hat es morgens (drin!) nicht mehr als 12Grad, inklusive Rauchwolken vor dem Mund. Richard ist seit zwei Monaten wieder hier im Haus, aber Dinge wie Salz, Pfeffer, Öl, Geschirr oder Besteck: Fehlanzeige. Und natürlich hab ich so Zeug auch nicht gekauft, ich mein, ich dachte, in einen halbwegs funktionierenden Haushalt zu geraten… Als Arbeit habe ich mir von all seinen Ideen den Garten geschnappt, bevor er auf die Idee kam, mich innen putzen zu lassen. Als ich ihn darum gebeten habe, mir zu zeigen, wo die Gartengeräte sind, hat sich herausgestellt, dass er keine hat. Aber will, dass ich ihm einen Gemüsegarten anlege und Brokkoli säe (!? Und wer dünnt den aus und versetzt ihn und vor allem: im Frost?!) Ich merke, ich will eigentlich gar nicht mehr so viel schreiben, es ist eigentlich einfach echt scheiße hier. Richard ist sehr nett und sagt 100Mal am Tag, dass er das so zu schätzen weiß, aber trotzdem… Völlig am echten Leben vorbei der Typ. Am Montag kamen noch 2 argentinische Mädels zum wwoofen und ein tschechisches Paar, das hier arbeitet und über AirBnB hier ist. (Richard hat in einer Situation gesagt, dass er seit Monaten alleine hier war und ehrlich gesagt: ich glaube, dass ist keine Übertreibung, der hat einfach null soziales Umfeld) Jedenfalls war ich froh um die beiden Mädels, wenn ich das nicht gewusst hätte, wäre ich Sonntag wieder abgehauen. So habe ich die beiden Tage alleine rumgebracht, die Mädels sind sehr nett, ich kann ein bisschen spanisch sprechen, morgen beende ich den Garten und Freitag haue ich dann ab. Leider nach einer ganzen Woche wunderbaren Wetters dann wohl im Regen, aber ich will hier nicht bleiben. Immerhin habe ich dann hier für eine knappe Woche das Geld gespart. Das muss reichen. Andere Angebote von der Region oder zumindest im oberen Drittel der Nordinsel habe ich leider keine mehr bekommen. Dh meine erste und wohl letzte Erfahrung mit dem wwoofen war ein ziemlicher Reinfall. Von wegen man arbeitet halb für Kost&Logis und halb für das drumrum – hier gibt es kein drumrum. Hier hat es nicht mal eine Katze.

Ein Gedanke zu „wwoofen

  1. Ok, das ist krass! So hatte ich mir das auch nicht vorgestellt – was genau tut die Orga des wwoofing, die du bezahlst, damit sie dich vermittelt? Checken die die Plätze, an die ihre Freiwilligen gehen? Offensichtlich nicht.
    Sag, darfst du das überhaupt alles schreiben? Das er ne skypeKonferenz mit dem Silicon Valley hat? Nicht, dass du da Interna ausplauderst…Und auch irgendeiner hitliste landest und die deine Koordinaten checken und dann wegen Landesverrats anzeigen?

    Sorry, vielleicht hab ich ein bisschen zu viel Spionagequatsch gelesen zur Zeit…
    Aber weißt du, siehs mal so – jetzt hast du auch mal einen echten NZ-Nerd kennengelernt – wer kann das schon von sich sagen? Ist ja schon ein spezielle Sorte Mensch – das ist eben seine Art zu leben – klar, nicht deine – aber es scheint ja zu gehen. Wäre ja mal spannend eigentlich, herauszufinden, wie er das so macht, so gut klarzukommen ohne Sozialkontakte? Da könnten wir uns evtl was von abgucken? ;P Olli versucht ja auch grad, in einem Team aus hauptsächlich Mathematikern Fuß zu fassen – da dachten wir bislang, die Mathemaktiker sind deutlich weniger Nerd als die Physiker – mag stimmen, doch die Sozialkompetenz ist auch da Mangelware…

    Wohin gehts dann? Gleich gen Ort, wo du Willi verkaufen willst?
    Umarmung, Judith

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