Auf Jobsuche

Ich sitze hier in einer kleinen Bucht, das Meer schwappt direkt vor mir an den Strand und ich genieße mein letztes freies Wochenende, bevor es dann am Montag mit Arbeit losgeht.
Dass es jetzt doch so schnell geklappt hat, ist ein kleines Wunder. Vor 24h saß ich noch völlig deprimiert in der Campingplatzküche und habe mich gefragt, wie naiv man eigentlich sein kann…

Die Überfahrt auf die Nordinsel war super. Das Meer war relativ ruhig, eine halbe Stunde etwa kamen die Wellen von der Seite, da hat es ein bisschen geschaukelt und man hat einige blasse Gestalten gesehen, aber ansonsten war es ruhig, die Fähre vor allem unerwartet leise, das Wetter toll (nur ein bisschen kalt) und so konnte ich die Fahrt richtig genießen. Die meiste Zeit war ich auf dem vorderen Deck alleine oder zu zweit, erst gegen Ende wurde es voll – aber da war mir eh schon kalt und ich bin rein. Die erste Nacht habe ich dann direkt in Picton verbracht, wo die Fähre anlegt. Ist eigentlich ein ganz netter Ort und ich war auf einem guten Campingplatz, also alles gut.

Tags darauf wollte ich dann einen weiteren Tauchversuch starten, vorherige Recherche hat ergeben, dass es zwei Tauchschulen gibt, die bis Ende April täglich rausfahren. Geht doch.
Aber als ich dort war, hat sich rausgestellt, dass die eine wegen Krankheit diese Woche geschlossen hatte und bei der anderen das Boot, das einmal jährlich zur Revision muss, gerade dort ist und erst nächste Woche zurückkommt. Gibt’s das?! Ich hab mich mal eintragen lassen für den ersten Tauchgang danach, am 16.03., aber mit Vorbehalt, weil ich dann weiter nach Blenheim gefahren bin, um auf Jobsuche zu gehen. Meine erste Anlaufstelle war, wie so oft, das i-Site, wo ich auch gleich einen Zettel mit verschiedenen Nummern und Webseiten bekommen habe. Also hab ich mich in ein Café daneben gesetzt, ein Eis gegessen und recherchiert und Nachrichten geschrieben – anrufen ist bei den meisten „verboten“. Die Nacht habe ich dann mal wieder auf einem DOC-Campground verbracht. Allerdings war der weiter weg als erwartet, das mit Geld sparen war dann wohl nix… Aber schön war er, allerdings mal wieder mit Überwindung mit kalt duschen…. Hier auf der Südinsel ist es deutlich kälter als im Norden. Naja, klar, ich hab ein paar hundert km Strecke gemacht… Tagsüber ist es noch warm, so lange die Sonne scheint, aber nachts wirds schon einstellig und wenn bewölkt ist, hast auch tagsüber nur so 20 Grad.

Am nächsten Tag bin ich, nach einem kurzen Stopp zum Eier und Milch vom Bauernhof mitzunehmen, dann in die Bibliothek, um weitere Anzeigen online zu lesen, die Zeitungen zu durchforsten, mich online zu bewerben und nachzuschauen, ob sich vielleicht schon jemand gemeldet hat. Alle 2h musste ich das Auto umparken… Nervig…
Die vielversprechendste Anzeige war eine Hopfensortierstelle in Nelson, am Band, nicht ganz das, was ich wollte, aber auf 10 Tage begrenzt und was solls… Allerdings hatte ich auch da keine Antwort bekommen. Also ging es nachmittags ans Klinkenputzen bei den Weingütern:
Ankommen, nett lächeln (ich hatte mich sogar extra ein bisschen her gerichtet und geschminkt… 😉 ) und nach Arbeit fragen. Abgesagt haben alle, allerdings auf sehr unterschiedliche Art…
Eine, bei der wir vor 2 Jahren schon eine Weinprobe gemacht haben (und die damals schon eine ganz arg unsympathische Frau war, aber dieses auf Grauburgunder spezialisierte Weingut war echt gut….) hat mir die wüsteste Absage erteilt. Mustert mich die aufgetakelte, alte Kuh von oben bis unten und sagt: „nein, also Arbeit für sie haben wir nicht. Wir fangen zwar jetzt mit der Ernte an., aber wir haben viele Leute, die darauf warten und sich sehr darauf freuen zu beginnen! Wissen sie, wir sind ein gut organisiertes Weingut und arbeiten mit professionellen Arbeitern!“ Pabamm! Kuh. Und dann hat mich auch noch die Polizei mit tatütata angehalten. Ich habe meinen Kopf gesenkt um auf der Karte zu lesen, wohin ich fahren muss. :-/ War natürlich blöd. Jedenfalls hat das nochmal für einiges an Aufregung gesorgt, weil mich der Polizist erst einmal beschuldigt hat, mit meinem Handy rumgemacht zu haben, was dummerweise auch noch in der Mittelkonsole zum Laden lag… Ich könnte ihn davon überzeugen, dass ich auf die Karte geschaut habe und am Ende hatte er vermutlich einfach Mitleid mit mir… Nach einigen Ermahnungen hat er mich dann weiterfahren lassen. Glück gehabt…
Nach 5 oder so Absagen habe ich gemerkt, dass mein Nervenkostüm für weitere Absagen nicht mehr ausreichend war, da die meisten Weingüter in der Zwischenzeit eh geschlossen hatten, habe ich beschlossen, noch bei zwei Hostels vorbeizuschauen, die sich auf Vermittlungen spezialisiert hatten und mir dann einen Schlafplätze zu suchen. Das erste Hostel hat mich dann auch direkt weggeschickt – sie rechnen erst Mai wieder mit einem Überangebot an Arbeit. Oh.
Das zweite hatte ich schon lange gekannt, wollte aber eigentlich nicht hin. Aber naja, ich war verzweifelt. Also hab ich mit dem Typen an der Rezeption gesprochen. Wenn man sich für eine Woche einmietet, bekommt man einen Zettel mit ein paar Rufnummern. Ohne Garantie, klar, und organisieren muss man auch alles. Ich hab dann gebeten, mich ein bisschen umschauen zu dürfen im Hostel und es war wirklich katastrophal. Ich bin wirklich nicht mehr etepetete, was Unterkünfte angeht, aber das ging wirklich gar nicht: die günstigste Variante war, zu zelten. Die Zeltplätze waren direkt neben der Bahnschiene, mir Wellblech abgetrennt von dieser und auf der anderen Seite von der Einfahrt des Hostels – so entstand zwischen diesen Wellblechtafeln ein ca. 2m breiter Schlauch. In diesen Schlauch waren dann die Zelte gepresst, zwischen den Zelten jeweils so 50cm Platz. Von den Aufenthaltsbereichen mag ich gar nicht erzählen…. Aber der Rezeptionist war guter Dinge, dass ich mit ihrer Liste innerhalb von 3 Tagen Arbeit finde… Seltsam, mit der Aussage vom anderen (um Welten besseren!) 5min vorher… Ich war so verzweifelt, dass ich mir das Hostel trotzdem als echte Alternative überlegt habe, hab mir aber bis Montag noch Zeit gegeben. Das Problem war, dass die größeren Weingüter alle über so Agenturen ihre Leute beziehen, die stellen erstens gar nicht selber ein und ernten zweitens einen Großteil mit Vollerntern. Als ich an „Cloudy Bay“, einem großen Weingut, deren Wein man auch bei uns kaufen kann, vorbeifuhr, standen da halt mal 15-20 Vollernter im Hof… Also habe ich mich an die eh kleinen, teils Bio-Weingüter gehalten. Man erkennt an den Reben ja relativ schnell, ob sie handgelesen werden. Aber die brauchen halt kaum Leute und die Handvoll hatten sie dann schon immer…
Also habe ich mir einen Campingplatz etwas außerhalb des Ortes gesucht, der relativ günstig ist und mich dort erstmal eingemietet. Puh, das schien schwieriger, als erwartet.
Nach einiger Zeit kam eine Gruppe deutscher Mädels herein, die offensichtlich einen Erntejob hatten. Uiuiui, sieben 19- 20jährige Mädels kochen zusammen in der eh schon überfüllten Küche – und das nach so einem Tag… Ein Lerngeschenk!!!
Also hab ich fertig gegessen, bin einen Riesensatz über meinen Schatten gesprungen und habe sie nach ihrer Firma und einer Telefonnummer gefragt. Hab ich bekommen. So bin ich zumindest mit etwas mehr Hoffnung schlafen gegangen.

Und heute morgen habe ich dann dort angerufen. Der Vorarbeiter meinte, er ist übers Wochenende in Christchurch, aber er klärt bis Sonntag Abend ab, ob ich anfangen kann. Ok. Und bis dort eben noch weiter Klinken putzen, auch wenn meine Motivation dazu schon echt nicht mehr besonders hoch war. Aber dann 5min später, ich hab grad mein Zeug zum Kaffeetrinken gepackt, ruft er an und sagt, ich könne am Montag einfach mit den Mädels mitkommen und anfangen! Perfekt! Das war dann wiederum so einfach, dass ich ein bisschen skeptisch war, ab eine der Gruppe hatte Freitag ihren letzten Arbeitstag und als ich sie später in der Küche getroffen hab und nach ihrer Meinung gefragt hab, meinte sie, das klappt schon.
Und die, die mir die Nummer gegeben hat, habe ich dann vorhin noch angeschrieben wegen Orga und dass es wohl geklappt hat und sie hat geantwortet, dass der Vorarbeiter sie schon angerufen hätte und darüber informiert – super, scheint also wirklich zu klappen!

Und so habe ich beschlossen, einzukaufen und die letzte Nacht nochmal irgendwo zu verbringen, wo es schön ist. Vor ein paar Wochen/Tagen habe ich ein Gespräch mitbekommen, in dem sich ein paar über diese Bucht unterhalten haben: superschön, total abgelegen und toll zum schnorcheln. Das war mein Ziel! 60km und 2h von der „Hauptstraße“ an einem der Arme der Marlborough Sounds hoch, davon 22km Schotterpiste – da kann man sich zwischendurch schonmal fragen, warum genau nochmal man hier her fährt. Aber hier ist es super, total schön und als ich eben am Abendessen war und mir überlegt habe, ob ich morgen wohl auf dem Rückweg in Havelock einen Stopp einlege, um dort die „weltberühmten Grünen Muscheln“ zu essen, kam mein Campnachbar vorbei, vom Meer her und schenkte mir einen Berg voll frisch vom ihm gesammelter Muscheln! Und weil ich nicht weiß, wie man sie kocht, hat er mir das auch noch gezeigt bzw. eher gemacht: ab mit dem Topf zum Meer, Meerwasser rein und Muscheln darin kochen! 😉 ich hab dann meine Nudeln wieder in eine Tupper verpackt und stattdessen die Muscheln gegessen. Sehr cool! (Auch wenn ich das jetzt nicht jeden Tag wollen würde). Und vor mir im Wasser habe ich den 6 Stachelrochen, die bis einen Meter an das Ufer gekommen sind und dem Hai, der es bei ca. 1,5m belassen hat zugeschaut… Verrücktes Land.

Ob ich mich morgen ins Wasser traue, weiß ich nicht… Der in Ufernähe ist wohl harmlos, aber weiter draußen sah man einen anderen springen (?!), der wohl nicht ganz so harmlos ist… Mal sehen, ob sonst noch jemand geht, hinter dem ich mich verstecken kann… 😉

Und dann bin ich aufgeregt, wie das mit dem Arbeiten klappt, ob ich das hinbekomme und ob es mir vielleicht auch ein kleines bisschen Spaß macht…
Ich lass es euch wissen,

Die Nicole

PS: die Bilder reiche ich bei Gelegenheit nach…

3 Gedanken zu „Auf Jobsuche

  1. Juhu, es hat geklappt mit einem Job! Dein ausführlicher Bericht zeigt, wie schwierig es wirklich war. Aber jetzt darfst du auch mal Glück haben und ich hoffe, du bist schon gut in der Weinlese gestartet!
    Liebe Grüße
    Miriam

  2. Hey Mädel, na also klappt doch – wenn auch etwas holprig;-) Hab übrigens von Oma erfahren, dass du einen neuen Blogeintrag hast – sie hat ihn vor mir gelesen! Drücke dir die Daumen, dass die Arbeit o.k. ist und du nette „Mitarbeiter“ und einen netten ChefIN hast. Bei uns hat es z.Zt. ca 5°C und einen gemein kalten Wind – also genieße die Temperaturen bei dir. LG Mama

  3. Hallo Nicole,

    habe Oma gerade Deine neuesten Nachrichten vorgelesen. Sie ist schon ganz neugierig auf die nächsten Bilder und will Dein Auto mal von der Seite sehen. Sie macht sich Sorgen um Dich, weil Du alleine unterwegs bist. Muß Sie sich Sorgen machen? Ich denke nicht, läuft doch alles super.

    Viele Grüße von Oma und Lieblingsonkel Markus

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