Als Saisonarbeitskraft

So, nach 2 Tagen möchte ich euch ein Update zu meinem Job geben.
Wie angekündigt habe ich gestern begonnen zu arbeiten.


Ich arbeite über einen „Contractor“, also eine Art Agentur, auf dem Weingut von Yealands – das größte Weingut Neuseelands und das zweitgrößte der südlichen Hemisphäre (soso). Wenn man zwischen den Reben steht (und mal hochschaut…), sieht man Reben, Reben, Reben und ganz hinten am Horizont Meer bzw. Berge. In Neuseeland gibt es einen Mindestlohn von umgerechnet 9,13€ zzgl. 8% Urlaubszuschlag (weil man ja keinen Urlaub nimmt als so Arbeiter), so dass man auf knappe 10€ pro Stunde kommt. Immerhin.
Das Weingut liegt knappe 40km entfernt von dem Ort, in dem ich mich auf dem Campingplatz eingemietet habe – mit ca. 7€/Tag ist der unschlagbar günstig, außerdem startet von hier auch meine Mitfahrgelegenheit, ich hatte Glück und konnte einen freigewordenen Platz bei den Mädels, von denen ich auch den Kontakt hatte, ergattern. So können wir uns den Sprit zu fünft teilen. Dort in der Gegend gibt es nicht wirklich was. Wenn die Mädels aufhören, muss ich sehen, was ich mache, wenn ich anderthalb Stunden jeden Tag nur für den Sprit schaffen muss, machst vielleicht nicht so arg viel Sinn, dort weiter zu bleiben… Wie es bei uns halt auch ist, gibt es unterschiedlichste Agenturen. Man bekommt die tollsten Horrorgeschichten von anderen Backpackern erzählt. Bei meiner Agentur ist es in Ordnung, der Umgang der Vorarbeiter mit den Angestellten ist so weit in Ordnung, anschreien, nach 2h entlassen werden, nacharbeiten müssen, ohne es bezahlt zu bekommen, so was habe ich in den ersten beiden Tagen nicht mitbekommen und laut den Mädels, die schon 3 oder 4 Wochen hier sind, gab es das bisher auch nicht. So weit habe ich also Glück gehabt. Zwei Jungs, die ich hier auf dem Campingplatz am Freitag kennengelernt habe, haben immernoch nichts. Also hatte ich wirklich großes Glück, in einen Job zu stolpern und dann noch bei einer Firma zu landen, die fair scheint.
Die Arbeit ist, wie zu erwarten war, anstrengend. Die Ernte hat noch nicht begonnen, wir machen Vorarbeiten dazu (geht in 1-2 Wochen los). Ausdünnen, nicht entwickelte Früchte abschneiden, unreife Trauben entfernen usw. Ich hab schon mächtig Muskelkater, sowohl in den Oberschenkeln vom ständigen Bücken bzw. Runterknien, als auch in den Armen und im Rücken vom Auseinanderziehen der Rebäste (damit man schauen kann, ob sich grüne Trauben innen versteckt haben). Die Reben sehen aus wie unsere: relativ viel Blattzeug, die Äste nach oben gebunden, die Früchte hängen unten dran (also nicht nur so zwei Äste, wie es sie zB in Südfrankreich gibt).
In den beiden Tagen habe ich vermutlich mehr englische Fachbegriffe gelernt, als ich deutsche dazu kenne… 😉
Schichtbeginn ist um 7, heißt wegen der Anfahrt geht es um viertel nach 6 hier los. Dann gibts um 10 eine Viertelstunde Pause und um 1 nochmal eine halbe Stunde. Um Dreiviertel 4 ist Schluss, macht 8 bezahlte Stunden. Manchmal gibt’s Überstunden, aber eher selten, pro Woche werden 5-7 Tage gearbeitet.
Eine große Einweisung gabs nicht. Sicherheitsweste reingeschlüpft, Handschuhe an, Schere in die Hand und los geht’s. Jedesmal vor einer neuen Aufgabe gibt es eine kurze Einweisung an alle, was zu tun ist und dann läuft der Supervisor durch und kontrolliert, was man gemacht hat und gibt entsprechend Verbesserungsvorschläge… 😉
So weit, so gut, mir macht die Arbeit draußen Spaß, ich wusste, dass es anstrengend wird, aber es ist definitiv zum Aushalten, mein Knie und mein Handgelenk machen bisher auch mit, also alles prima.

Aber: was mir am meisten Schwierigkeiten macht, sind die „Kollegen“: wenn ich mit 18jährigen Deutschen hätte zusammenarbeiten wollen, wäre ich über den Sommer zum Jobben in den Europapark gegangen… :-/ „Meine Mädels“ sind in Ordnung, klar, die 12-14 Jahre Altersunterschied kann man nicht wegpusten, aber die sind im Umgang wenigstens normal. Es gibt 3 Gruppen bei den Arbeitern: Thai, Männer aus der Südsee (die beide für immer 3 Monate als Erntehelfer kommen) und (deutsche) Backpacker. Hm. Vielleicht war es klar, aber so richtig Gedanken hab ich mir keine gemacht gehabt. Schon über die Tatsache, dass ich 10 Jahre älter als der durchschnittliche work-and-Traveller sein werde, aber weniger darüber, was es für die Arbeitssituation bedeutet. Und ich merke, meine Toleranzgrenze ist bei manchen Sachen echt nicht besonders hoch: mit mir haben gestern noch 2 andere Mädels angefangen, Deutsche, so weit unbekannt. Um 5 nach sieben, nach der allerersten Einweisung, bevor wir überhaupt in die Zilden (?) hineingegangen sind, sagt die eine zur anderen: „Boah, ich hab schon genug!“ Aha. Um dann mit soooo einem Gesicht, völlig unmotiviert anzufangen herumzuschnippeln. Am ersten Tag?! Und die beiden netten Tischlerjungs sind Willens zu arbeiten und bekommen nichts?! Dann wurde einer der Mädels erklärt, was sie falsch gemacht hat (ich stand daneben , war einfach nur nett gesagt von der Frau Supervisorin) und kaum hat die sich rumgedreht, sagt die „ey, Alter, was ’ne Fotze!“. Bitte was?! Geht’s noch? So ging es über den Tag weiter, ich wurde dummerweise noch mit einer von denen in eine Vierergruppe eingeteilt. So was geht einfach gar nicht… Ich mein, dann soll sie daheim bleiben oder sonstwas machen, aber sie will ja wohl auch Geld, da kann man ja wohl auch ein bisschen arbeiten?!
Heute war ich dann mit einem Thai in einer Zweiergruppe. Da er kein Englisch kann, war es ein eher stummer Tag, aber wenigstens lief die Arbeit dann friedlich. 🙂

Um es zusammenzufassen: die Arbeit ist wie erwartet und gehofft, das Umfeld nicht – in Summe ist der Job ganz klar „Mittel zum Zweck“.
Ich werde sehen, wie lange ich ihn mache. Und vielleicht muss ich für den nächsten Job anders suchen. Entweder auch so, egal was, Mittel zum Zweck (und dann halt wissen, was kommt) oder vielleicht doch wwoofen, also für Kost & Logis auf Bio-Farmen arbeiten. Mal sehen, was kommt.

Nachträge zum letzten Eintrag:
Schnorcheln bin ich in der Bucht mit den Haien und Robben nicht mehr gewesen – als ich mich zu zum Aufwärmen davor Hose & Shirt ausgezogen hab, sind unabhängig voneinander 2 Personen angerannt gekommen, um mich davon abzuhalten, ins Wasser zu gehen. Naja, dann halt nicht. Hab ich so ein bisschen die Aussicht genossen, bin ein bisschen spazieren gelaufen und hab mich nicht so spät auf den Schotterrückweg gemacht.
Beim zurückfahren hab ich dann noch Tomaten an einem Stand, zum Glück am Stadtrand der Nachbarstadt Renwick, gekauft. Und als ich wieder losfahren wollte, hat mein Auto keinen Mucks mehr gemacht – also nicht mal ein bisschen gewürgt. 😩 ich habe dann in der Nachbarschaft versucht, jemanden zu finden. Gar nicht so einfach an einem Sonntag Spätmachmittag… Als ich dann um ein Haus (bei dem ich ein Auto in den Hof fahren sehen hab, als ich ankam) herumgelaufen bin und in die offene Hintertür (so was wie Klingeln hast hier nicht…) ein „Hello….?“ hineingerufen habe, würde ich auch fündig. Ich hab erläutert, dass mein Auto nicht mehr anspringt und ich nicht wisse, was ich tun soll und da haben sich die beiden gekümmert. Praktischerweise war einer der beiden Mechaniker. 😄 im Endeffekt hatte sich nur ein Kontakt an der Batterie gelöst, wahrscheinlich auf der Schotterpiste, hätte ich auch mal selber drauf kommen können. War so aber auch bequemer! 😉 das Teil, was festgeschraubt ist, sollte ich vielleicht mal austauschen lassen. Bei Gelegenheit, momentan dient mir das Auto eh nur als Zelt, das auf Rädern steht…

Die versprochenen Bilder der letzten Tage vor dem Arbeiten reiche ich morgen nach, selbstverständlich wie gewünscht mit einem Bild des Autos von der Seite.

Und nein, man muss sich keine Sorgen um mich machen. Ich komme zurecht, mal besser und mal schlechter, natürlich ist nicht immer alles super.
Aber naja, das ist eben auch ein Teil der Erfahrung: es geht alleine, aber zu zweit ist es schöner!

Es grüßt,
Die Nicole

6 Gedanken zu „Als Saisonarbeitskraft

  1. Liebe Nicole,
    Ich wünsche dir zum Wiegenfeste
    von ganzem Herzen alles Beste
    und außerdem – das ist ganz klar! –
    Ein schönes neues Lebensjahr.

    Hab weiterhin eine schöne Zeit.

    Liebe Grüße Linda

  2. Alles Liebe und Gute zum Geburtstag.

    Verfolge Deine Berichte und bin gespannt wie es weiter geht.

    Mir tut vom Erzählen schon der Rücken weh…

    Naja, ich bin ja noch älter…

    Weiterhin viele gute Erfahrungen,
    Ulrike

  3. Liebe Nicole,
    also das muss man ja schon sagen, dass du extra die weite Reise angetreten bist , um deinen Geburtstag mal ein bißchen ‚anders‘ zu feiern – toll! Auch von uns alles Gute zum Jubeltag – ich hoffe du hast inzwischen ein trinkbares Tröpfchen gefunden mit dem wir gedanklich mit dir anstoßen können!!
    Herzliche Grüße Irene & Co.

  4. Liebe Nicole

    Tja dein Lieblinsonkel war schneller

    Alles Liebe und Gute von uns allen zu deinem Geburtstag

    Auch wir hier in der Schweiz verfolgen gespannt deine Einträge. Danke, dass wir auch diesmal wieder mit deinen tollen Berichten und den schönen Bilder mitreisen dürfen.

    Viel Erfolg weiterhin!
    Ganz lieber Gruss Getta und Family

  5. Hallo Nicole,

    habe gerade gegoogelt, daß es jetzt 7:00 Uhr morgens in Neuseeland ist. Genau die richtige Zeit Dir als Erster zum Geburtstag zu gratulieren.

    Alles, alles Gute zum Geburtstag!!!

    Ich hoffe, Du kommst Dir jetzt unter all den Teenagern nicht noch älter vor und daß Du heute in einem netten Team an den Reben schibbeln kannst. Halte uns weiter auf dem Laufenden. Was machst Du eigentlich nach der Arbeit um 16:00 Uhr. Gibt es außer Blogschreiben noch andere Aktivitäten?

    Viele Grüße von Deinem Lieblingsonkel

    • Zweite! Zweiteeee!!! *hüpfspringFingerindieHöhereck*
      Ähm – ja – also dieses Jahr wird es nix mit dem live-singen, da musst du nun ausnahmsweise verzichten – aber ich besinge dich in Gedanken, drück dich mega fest einmal zum Mond und zurück, weil ich dich sooooo lieb hab!
      Auf dass die da „unten“ begreifen, welch wunderbare Frau sie da grade mit ihrer Anwesenheit beehrt =D Denn hier wirst du akut vermisst…
      Lass es krachen du Reisende, deine Judith

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