Mit meinem Reiseabschnittsgefährten Tobi gemeinsam wurde vieles auch schon wieder einfacher: vom Flughafen an das Busterminal durfte es dann schon auch ein Taxi statt den Mikrolets sein, dort angekommen musste ich nicht alleine warten und hatte auch jemand, der auf mein Gepäck aufgepasst hat, während ich auf dem Klo war. 😉 Für ihn hatte es den ganz klaren Vorteil, dass ich halbwegs einen Plan hatte, wohin zu gehen, wie das Busticket zu besorgen und wieviel das so kosten darf. Außerdem hatte ich ja schon den Guide klargemacht, den wir dann auch zusammen nehmen konnten. Im Gegenzug hat er, der klassische Verkäufer, die Verhandlungen übernommen. Win-win. 😉 Die Busfahrt war megagut, ich habe sicherlich 5h am Stück geschlafen – riesige Sitze, total viel Platz – nur ein bisschen kalt, trotz Socken, langer Hose, T-Shirt, Fleecejacke, Schal und Decke… In Rantepao angekommen haben wir uns dann ersteinmal getrennt, da wir unterschiedliche Hotels gebucht hatten – mein Budget sah dann doch ein bisschen anders aus… 😉
Mein reserviertes Hotel war erst die vierte Wahl gewesen – die ersten drei waren ausgebucht. Aber als ich ankam, wusste ich, dass ich im richtigen war: die hatten eine eigene, kleine Kaffeerösterei und verkauften daher auch hervorragenden Kaffee! Da wir frühmorgens ankamen und spätabends wieder mit dem Nachtbus losfuhren hatten wir drei volle Tage in Rantepao (die Stadt) und Tana Toraja (die Region). Am ersten Tag sind wir nur ein bisschen durch die Stadt geschlendert, haben relaxt, das Rückfahrtsticket gebucht und ich habe mit Eli, dem Kaffeeröster, Freundschaft geschlossen. Er sprach relativ gut englisch und so konnte ich mich mit ihm ein bisschen über die Rösterei unterhalten. Er hat sich seine Röstmaschine selbst gebaut, die Trommel wird durch Wasserkraft angetrieben und die Temperatur regelt er mit einem Gasbrenner. Der Rest ist Geruch, Aussehen und Erfahrung. Die Bohnen kauft er von Freunden, Verwandten, Nachbarn, röstet nach Bedarf (also nicht auf Vorrat) und verkauft seinen Kaffee in zwei Hotels, einem Restaurant und einem Souvenirladen in der Stadt. Gelernt, den Kaffee richtig zu rösten, hat er vor ca. 20 Jahren, als ein Kaffeeplantagenbesitzer aus Hawaii auf Reisen war und im Hotel geblieben ist – da haben sie die Gemeinsamkeiten der Kaffeebohnen entdeckt und er hat sich einiges erklären lassen.
Was eine Geschichte! Seine Frau sortierte derweil nebenan die ungerösteten Bohnen per Hand und der Sohn stand dabei und lernte. Auf meine Frage, ob er auch gerne mal Kaffee rösten würde, leuchtete sein Gesicht richtig auf und strahlend sagte er ‚ja!‘. Das war sehr schön zu sehen, mit so einer Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Die ganze Familie war unheimlich stolz, mir zeigen und erklären zu können und es war spürbar, wie sie alle den Kaffee liebten – unnötig zu erklären, dass jeder eine andere Kaffeespezialität vor sich hatte (Filterkaffee, Espresso und Milchkaffee). Eine tolle Sache und mit ein Höhepunkt meiner Zeit in Tana Toraja.
Abends hatte ich mich wieder zum Essen verabredet, die in Bambusrohren gegarte Spezialität der Region pa’piong aus Hühnerfleisch, Kokos, Gemüse und Kräutern serviert mit schwarzem Reis, konnten wir uns nicht entgehen lassen – sehr lecker. Es gibt übrigens auch eine Variante davon, die mit dem Blut der Opfertiere ‚gewürzt‘ wird, aber die hab ich mir erspart.
Am zweiten Tag stand dann Kultur mit unserem local Guide Johny auf dem Programm. Die Höhepunkte hier sind die verschiedenen Zeremonien: Hochzeiten, Beerdigungen, Hauseinweihungen. Dabei finden bunte, laute, mehrtägige Feiern statt (ok, bei den Beerdigungen eher stiller), bei denen unheimlich viele Tiere (Schweine und Büffel) geopfert werden. Zuvor war ich mir nicht sicher, ob ich wirklich an so einer Zeremonie teilnehmen will – davon abgesehen, dass ich nicht scharf darauf bin und war, zuzuschauen, wie Tiere geopfert werden (kurz und schmerzlos geht anders), fühlte ich mich auch etwas seltsam, als ‚Tourist‘ zu einer Beerdigung zu gehen. Fühlte sich ein bisschen wie gaffen an. Aber die verschiedensten Leute hatten mir erklärt, dass es sich gar nicht so anfühlen würde und da das das ‚thing to do‘ in Tana Toraja ist, habe ich mich doch dafür entschieden. Zu meiner Erleichterung stand morgens eine (außergewöhnliche, weil seltene) Hauseinweihungszeremonie an. Zusammengefasst haben verschiedene Gruppen (Freunde, Familie, benachbarte Dörfer usw.) unter Tanz, Musik und den Kommentaren einer Zeremonienmeisters mit Mikrofon ihre Opferschweine hergetragen. Tierschützer sollte lieber zuhause bleiben. Ich versuchte, mich mit Gedanken wie ‚andere Kultur, nicht werten, nur beobachten‘ etwas zu distanzieren, aber so richtig gut gelungen ist es mir nicht. Die Zeremonie selbst, die Feier, war sehr beeindruckend, aber als ich dann direkt daneben stand, als einer einem der Schweine seitlich mit einer ca. 25cm-langen Klinge in die Brust stach und dann das Blut schön in Schwällen aus der Wunde schoss, mich mein einheimische Nebenmann gleichzeitig ungerührt zu Kaffee, Tee und Snacks einladen wollte, hatte ich genug… Der anschließend anstehende Besuch bei einer Beerdigungszeremonie hätten wir meinetwegen saußen lassen können… Natürlich sind wir trotzdem hin, das erwartete Gefühl ‚fehl am Platz‘ zu sein, stellte sich auch tatsächlich ein und als wir dann noch schön zum Essen eingeladen wurden (diesmal mit der blutigen Variante des pa’piong) versuchten wir aus Höflichkeit ein bisschen Schwarztee und puren Reis zu nehmen und dann bald abzuhauen… Der Guide ist selbst ein Toraja und wusste sehr viele Geschichten zu erzählen, das hat er echt gut gemacht. Neben ein paar kleinen Zwischenstopps bei hübschen Dörfern, Reisfeldern usw. stand dann als letzter Punkt der Besuch eine relativ unbekannten Grabhöhle an. Auf dem Fußmarsch dahin nahm der Fahrer einen Stock und schlug bei jedem Schritt auf den Boden – als ich gefragt habe, warum, hieß es: because of the snakes. Ok… Aber tatsächlich ergab sich dann am Ende eine andere Erklärung. Schlangen hat es zwar auch, aber in ihrer Denke ist dieser Ort, hm, sagen wir: verhext. Unser Guide hat uns versichert, sie würden manchmal eine schwarze Katze an der Höhlendecke umherhuschen sehen (also über Kopf) und jedes Lebewesen, was den Boden berührt, würde unmittelbar sterben. Zum ‚Beweis‘ zeigte er uns ein paar Vogelskelette. Anfangs dachte ich noch, das ist die Story für die Touristen, aber im Laufe des Gesprächs war klar: der meint das echt ernst. Das war speziell, ich meine, wir waren den ganzen Tag mit ihm unterwegs, er erzählte uns in sehr gutem Englisch über Geschichten und Legenden und dann merkte man plötzlich: Moment mal. Der ist mittendrin. Sehr faszinierend.
Den Folgetage mieteten Tobi und ich zwei Roller und erkundeten das wunderschöne Hinterland. Am meisten berührt hat mich der Besuch der Babygräber, hier die Geschichte dazu aus dem (für Sulawesi-Interessierte sehr zu empfehlenden) Reisebuch ‚Sulawesi. On the road and inside Indonesia‘:
Abends ging es dann wieder mit dem Nachtbus zurück nach Makassar, wo sich unsere Wege trennten. Tobi flog zurück nach Deutschland und ich nahm direkt den Transport weiter nach Bira, an den südlichsten Zipfel.
Die Fahrt war scheiße, in dem Sammeltaxi viel zu eng (5h zu dritt bzw. zu sogar zu viert auf der Rückbank geht echt gar nicht…) und der Fahrer fuhr wie der Henker. Wir haben in mehrfach anfangs gebeten, dann eher angemotzt, dass er langsamer/besser fahren soll, aber das hielt immer nur ein paar Minuten. Ich war froh, als ich endlich heil und an einem Stück in Bira ankam und hatte direkt keinen Bock auf die Rückfahrt… Aber davor hatte ich ja noch ein paar Tage Paradies vor mir! Ich habe meine Tage mit Gegend erkunden, Tauchen und relaxen verbracht, wunderbar. Die Tauchgänge waren richtig gut, ganz anders als auf Bunaken, viel mehr größere Tiere (Schwarz- und Weißspitzenhaie, Barracudas, Sepias, Schildkröten, Stachel- und Blaupunktrochen, ein großer Napoleonfisch…), aber nicht so bunt, artenreich und voll wie dort. Beides zusammen hat ganz viel abgedeckt, wenn ich es jetzt noch geschafft hätte, in der Lembeh Strait zu tauchen (bei Tangkoko, wo wir Schnorcheln waren) und dort die Seepferdchen gesehen hätte, wäre so ziemlich alles dabei gewesen hier. Sulawesi bietet also für Taucher wirklich super Gegebenheiten. Und es gibt hier noch viel mehr Tauchreviere als diese drei…
Den ersten Tag bin ich mit einer einheimischen Tauchbasis getaucht, den zweiten mit einer aus einer Lodge heraus. Beide Tage waren gut, wobei ich mich am ersten Tag über die Mittaucher unheimlich geärgert habe – der eine konnte nicht tarieren und hat dann, damit er mit seiner scheiß GoPro auch ein gutes Bild bekommt, sich beherzt an der Koralle festgehalten und der andere hat gedacht, es sei eine super Idee, eine (bis dahin schlafende) Riesenschildkröte zu reiten. 😕
Am zweiten Tag hatte ich dieses Problem nicht, da war ich nämlich mit Andrej, dem slowenischen Divemaster (und den beiden Crewmitgliedern fürs Boot) alleine draußen. 7h auf und in dem Wasser, drei Tauchgänge, Lunch auf dem Boot, tauchen zu zweit: das war schon ziemlich cool, zumal Andrej ein netter Typ war und wir uns gut verstanden haben.
Abends dann die Überraschung: Steven vom ersten Tauchtag (der mit der Koralle) hat für mich für den Tag darauf eine Mitfahrgelegenheit nach Makassar mit Kollegen von ihm klargemacht. Richtig Platz, privates Auto, Shuttle bis vors Hotel – und Geld wollten sie keines! Glückliche Nicole.
Zumal ich dadurch Zeit hatte, vormittags noch einen Roller zu mieten und zu den sehr beeindruckenden Bootsbauern zu fahren (die bauen riesige Boote – ohne Pläne!! Verrückt.), nochmal an den Strand zu gehen und ein ausgedehntes Strandshooting zu machen. 😁
Dann ging es nach Makassar, für die 187km brauchten wir über 6h… Was ein Gegurke!
Vielleicht ist es auch an der Zeit, mal festzustellen, welche Vorteile das Alleinereisen hat.
Man bekommt viel mehr Unterstützung, viele Leute helfen, wo sie können – sicherlich mehr, wenn man alleine ist. Das war ja schon, als ich in Tangkoko zum Schnorcheln mitdurfte und dann mit dem Auto nach Manado mitgenommen wurde, in Bira hatte ich viele verschiedene Angebote von Hilfe, mir den Transport zurück nach Makassar so einfach wie möglich zu machen, mit dem ‚Gipfel‘ des Privattransports (der, wenn man ihn kauft, umgerechnet da. 50€ kosten würde…).
Das ist sicher ein Stück weit auch der ‚Frauenbonus‘, der da zum Tragen kommt. Neben all den Sachen, die alleine schwieriger sind, muss man die positiven Sachen ja auch mal erwähnen. 😉
Jetzt bin ich in Singapur angekommen, wo ich nochmal zweieinhalb Tage verbringe, bevor ich dann endgültig heimfliege. (Leider „nur“ mit Lufthansa, zu gern hätte ich nochmal heiße Handtücher von Singapore Airlines) Von hier aus werde ich nicht mehr berichten, wird jetzt nicht so spektakulär werden. Außer, die Stadt macht ihrem Beinamen ‚The Fine City‘ alle Ehre – ein kleines Wortspiel, ‚fine‘ im ersten Sinne als ‚gut, toll‘ oder im zweiten Sinne als ‚Geldstrafe‘ – nirgendwo sonst gibt es so viele Verbote und Strafen dann… Aber da ich ein anständiger deutscher Bürger bin, werde ich wohl hoffentlich von der zweiten Bedeutung verschont bleiben…
Es wird hier noch die Bilder zu Tana Toraja & Bira und ein ‚Fazit Sulawesi‘ geben, dann ist Schluss auf onmyway.rtwblog.de…
Und nun zum Abschluss die Knalpot-Auflösung. Ich bin ja ein kleines bisschen enttäuscht, dass ihr nicht mit mir raten wolltet. Oder habt ihr alle schön für euch selbst gerätselt? Egal: Knalpot heißt Auspuff. Wer die Roller mit ihren Fehlzündungen im Ohr hat, weiß auch gleich, warum. 😄
Wir sehen uns!!!